Meditation wird in den Medien und in der Öffentlichkeit mehr und mehr zum Thema. Entsprechend bemühen sich die Forscher, die Unterschiede der verschiedenen Ansätze zu verstehen. Eine neue Studie, die soeben von der Fachzeitschrift Brain and Cognition veröffentlicht wurde, berichtet nun über subjektive Erfahrungen einerseits und Aktivitätsmuster in der Hirnrinde andererseits, die Transzendentale Meditation von anderen Meditationstechniken unterscheidet.
»Transzendentale Meditation benutzt ein Mantra. Einige Forscher halten sie deshalb für eine Methode, bei der es um konzentrierte Aufmerksamkeit und um Kontrolle des Geistes gehe«, sagt der Leiter der Studie, Fred Travis. »Wer allerdings TM praktiziert, der weiß, dass das nicht der Fall ist. Diese Studie belegt diese Erfahrung: Transzendentale Meditation ist einfach zu erlernen und mühelos auszuüben.«
Selbstauskünfte und Gehirnaktivitätsmuster belegen die Einzigartigkeit der Transzendentalen Meditation
Die Studie untersuchte 87 Studenten an der Maharishi University of Management in Fairfield, Iowa, USA. Alle nutzten die Technik der Transzendentalen Meditation seit mindestens einem Monat und längstens fünf Jahren. Die Forscher untersuchten die Erfahrungen und Gehirnaktivitätsmuster der Studenten, während sie mit geschlossenen Augen ruhig dasaßen, während der Praxis der Transzendentalen Meditation und während sie mit einer anspruchsvollen Computerarbeit beschäftigt waren.
Travis: »Zweierlei fanden wir durch diese Studie heraus. Erstens berichteten diejenigen, die Transzendentale Meditation erst seit einem Monat praktizierten, dass sie ebenso häufig Transzendentales Bewusstsein (ruhevolle Wachheit; Wachheit ohne geistige Aktivität) erfuhren wie diejenigen, die seit fünf Jahren meditierten. Das würde die Aussage unterstützen, dass Transzendentale Meditation die natürliche Tendenz des Geistes nutzt, zu transzendieren: sich also vom aktiven Denken hin zu tiefer, innerer Stille zu bewegen. Ausgiebige Praxis lässt einen natürlichen Vorgang nicht besser ablaufen.«
Default Mode Network (Ruhezustands-Netzwerk)
Das zweite Ergebnis betrifft die Aktivität im sogenannten Default Mode Network (Ruhezustands-Netzwerk) des Gehirns. Diese weiträumige Verflechtung zwischen Vorder- und Rückseite des Gehirns wird aktiviert, wenn jemand still nachdenkt oder sich mit sich selbst beschäftigt, wie zum Beispiel beim Aufschreiben eines autobiografischen Textes. Eben im Ruhezustand.
Schwach hingegen ist die Aktivität dieses Netzwerks, wenn jemand seine Augen öffnet und mit seiner Umgebung in Kontakt zu treten beginnt.
Die Studie zeigt nun, dass die Aktivität dieses Netzwerks während Transzendentaler Meditation hoch bleibt. Sprich: Der Ruhezustand ist ausgeprägt. Frühere Studien zeigten hingegen, dass bei allen anderen Arten der Meditation die Aktivität des Default Mode Network sich verringert: offenbar, weil diese Methoden Konzentration und Kontrolle des Geistes einsetzen und also den Ruhezustand verhindern.
Gradmesser der Anstrengung
»Die Deaktivierung des Default Mode Network weist darauf hin, wie viel Anstrengung im Spiel ist«, fasst Dr. Travis zusammen. »Auch wenn Menschen nie selbst erfahren haben, was anstrengungsloses Transzendieren bedeutet und also nicht wissen, wie es sich anfühlt, zu transzendieren, so können sie jetzt diese hohe Aktivität des Default Mode Network sehen und also verstehen, dass während der Praxis der Transzendentalen Meditation wirklich etwas ganz anderes geschieht.«
Transzendentale Meditation ist anders
Die Studie ergab, dass dieses »Ruhezustands-Netzwerk« bei Transzendentaler Meditation genauso aktiv ist wie beim einfachen Ruhen mit geschlossenen Augen. »Das ist ein wichtiges Ergebnis, denn die Ruhe mit geschlossenen Augen wird gemeinhin als Standard für die Aktivität des Default Mode Network definiert«, sagte Travis.
Gleichwohl ist Transzendentale Meditation etwas vollkommen anderes als nur ruhiges Dasitzen. Denn: In einfacher Ruhe zeigten sich deutlich mehr Beta-Hirnwellen, insbesondere in den Gehirnbereichen, die mit Erinnerung und motorischen Aspekten des Sprechens verbunden sind. »Das könnte ein Spiegelbild des fortwährenden Gedankenstroms sein, der bei geschlossenen Augen erlebt wird.«
Mehr Theta-Wellen hinter der Stirn: TM fällt leicht
In Transzendentaler Meditation hingegen zeigten sich mehr Theta-Hirnwellen, insbesondere im orbitofrontalen Hirnlappen, also hinter der Stirn auf der Höhe der Augen. Diese Theta-Aktivitäten aber treten immer dann auf, wenn jemand eine Belohnung erwartet. Dies könnte ein Hinweis auf die Bewegung des Geistes hin zu angenehmeren Ebenen des Denkens während des Transzendierens sein.
Die Aufmerksamkeit der Meditierenden war offenbar in Anspruch genommen von der inneren Bewegung des Geistes, der sich angezogen fühlt von der zunehmenden Attraktivität feinerer (leiserer) Ebenen der mentalen Aktivität. Dieser Vorgang war nicht mit Anstrengung oder Kontrolle des Geistes verbunden: Das Default Mode Network (Ruhezustands-Netzwerk) zeigte hohe Aktivität.
Warum es so wichtig ist, Meditationsmethoden präzise zu beschreiben
Das Default Mode Network einerseits und die Tatsache, dass die Häufigkeit des Transzendierens nicht abhängig ist von der Dauer der Praxis: dies unterscheidet Transzendentale Meditation deutlich von anderen Meditationspraktiken.
»Dieser Punkt ist bedeutsam. Forscher, Kommentatoren und die Medien werfen gern alles, was sich ›Meditation‹ nennt, in einen Topf. Für ein Verständnis des Nutzens verschiedener Meditationsmethoden ist das hinderlich. Einer Anwendung dieser Methoden bei unterschiedlichen Zielgruppen steht das entgegen.«
Frederick Travis PhD; Niyazi Parim MA. Default mode network activation and Transcendental Meditation practice: Focused Attention or Automatic Self-transcending? Brain and Cognition 111 (2017) 86-94. DOI:10.1016/j.bandc.2016.08.009