Kann bei Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen auf Psychopharmaka verzichtet werden – oder lässt sich wenigstens ihr Verbrauch reduzieren? Um das herauszufinden, untersuchten die Forscher John L. Rigg, Jennifer J. Williams und Dr. Vernon A. Barnes (Bild links) am Medical College of Georgia (Georgia Regents University) 74 aktive Soldaten mit dokumentierten PTBS und Angststörungen. Die Hälfte von ihnen erlernte Transzendentale Meditation. Das erstaunliche Ergebnis der in dem Fachmagazin Military Magazine veröffentlichten Studie:
Nach nur einem einzigen Monat hatte sich die Verfassung bei 80 Prozent der TM-Meditierenden stabilisiert und verbessert, bis hin zum vollkommenen Absetzen der Psychopharmaka. Nur 10 Prozent der TM-Gruppe musste die Medikation erhöhen.
Bei den Nicht-Meditierenden hingegen sah das Bild deutlich anders aus: Nur knapp 60 Prozent konnten ihre Situation stabilisieren. Und mehr als viermal soviele Probanden wie bei der TM-Gruppe mussten sogar ihre Medikation erhöhen.
Ähnliche Resultate zeigten Untersuchungen zwei, drei und schließlich sechs Monate später. Im Vergleich zu den TM-Meditierenden stand die Kontrollgruppe am Ende der Untersuchung um etwa 20 Prozent schlechter da.
»Regelmäßige Praxis der Transzendentalen Meditation hilft das Gehirn zu heilen«, sagt Dr. Barnes, Hauptautor der Studie und Arzt am Georgia Prevention Institute, Georgia Regents University.
Transzendentale Meditation führt den Meditierenden von der Ebene aktiven Denkens zu einem Zustand innerer Ruhe. Diese einzigartige Erfahrung reduziert die Stresshormone und beruhigt das sympathische Nervensystem, das die sogenannte »Fight-or-flight«.Reaktion steuert (Kampf oder Flucht).
Kehren die Soldaten von der Front heim, befinden sie sich weiter in diesem »Kampf-oder-Flucht«-Modus: Sie sind ängstlich, reizbar, neigen zu Überreaktionen und leiden an Gedächtnisschwäche, weil sie sich auf nichts anderes mehr als auf potentielle Gefahren konzentrieren können. Selbst der Besuch in einem überfüllten Restaurant kann für sie zu einem Alptraum werden.
Dr. John L. Rigg, Psychiater am Eisenhower Army Medical Center, verstand sehr schnell, dass Antidepressiva und andere Psychopharmaka den Soldaten aus dieser Situation nicht wirklich heraushelfen können.
Als er im Jahr 2012 am Eisenhower Army Medical Center zum ersten Mal TM angeboten hatte, schlug ihm seitens der Soldaten noch Skepsis entgegen. Heute kann er mit der steigenden Nachfrage kaum mehr Schritt halten und führt lange Wartelisten.
Ausdrücklich wiesen die Forscher darauf hin, dass die Verantwortlichen des Gesundheitssystems noch zögerlich sind, Medikamente abzusetzen oder auch nur die Dosis zu verringern. Ist die Stabilisierung, so könnten sie fragen, wirklich eine Folge der Meditation –oder nur der Medikamente?
Doch schon frühere Studien hatten gezeigt, dass Soldaten, die – kontrolliert und unter Aufsicht – ihre Medikamente durch Transzendentale Meditation ersetzten, deutlich weniger PTBS-Symptome aufwiesen als Kontrollgruppen, die nur auf Medikamente oder psychotherapeutische Begleitung angewiesen waren.
Zudem, darauf weisen die Forscher ebenfalls hin, seien Psychopharmaka bei PTBS und Angststörungen sowieso nur bei knapp jedem dritten Patienten wirksam. Und bei Gehirnverletzungen, Drogenmissbrauch, Schlafstörungen und starken Stimmungsschwankungen bergen diese Medikamente zusätzliche Risiken, besitzen sie doch eine ganze Reihe von Nebenwirkungen: zum Beispiel Gedächtnisverlust und Depression. Wohingegen man bei Transzendentaler Meditation keinerlei Nebenwirkungen kennt.
PTBS-Symptome sind unter Veteranen weit verbreitet: In den USA stellt man nach Aussage der Forscher schon bei jedem achten Soldat, der über Kampferfahrung verfügt, solche Störungen fest. In Deutschland sind es derzeit über 1600 Soldaten, die entsprechend erkrankt sind – bei hoher Dunkelziffer, unbekannter Suizidrate und insgesamt steigender Tendenz.