David Lynch ist einer der eigenwilligsten Künstler unserer Zeit: Mit seinen geheimnisvoll-verstörenden Filmen hat er nicht nur modernes Kino geprägt. Mit Twin Peaks (1990–1991) revolutionierte er das Genre der TV-Soap: setzte in Bild, Plot, Musik und Mysterium Maßstäbe, die spätere TV-Serien nur selten erreicht haben. Die Süddeutsche Zeitung: »Hätte Franz Kafka Serien gedreht, Twin Peaks wäre dabei herausgekommen.«
Mit Erscheinen von Twin Peaks sei das amerikanische Fernsehen – und in der Folge auch das europäische – nicht mehr gewesen, was es einmal gewesen war, meinte der WDR. »›Twin Peaks‹ kann man als Beginn jener Entwicklung sehen, die aus der TV-Serie als Schnullermedium der Dösenden das aufregendste massenkompatible Erzählformat der Gegenwart gemacht hat«, stellt die Stuttgarter Zeitung fest.
Beispielhaft ist aber auch Lynchs Engagement für eine Erziehung und Bildung, die, auf der Grundlage von Transzendentaler Meditation, auf Bewusstseinsbildung setzt. Mit Hilfe einer internationalen Stiftung hat er diese Meditationstechnik inzwischen zehntausenden Menschen zugänglich gemacht: traumatisierten Kriegsveteranen, beachteiligten Jugendlichen, geschändeten Frauen, an den Rand gedrängten indigenen Völkern. Fast scheint es, als wolle er die fiktive Hölle seiner Filme aus ihrer sehr realen Wirklichkeit hinaustreiben.
Zweimal täglich Transzendentale Meditation
Lynch zieht sich seit 1979 zweimal täglich für zwanzig Minuten zurück und praktiziert Transzendentale Meditation: »Ich habe noch nie eine Meditationssitzung ausgelassen.«
David Lynch (Quelle: Musikexpress)
Lynch feierte dieser Tage seinen 70. Geburtstag und erfreute seine Fans auf beiden Schauplätzen – auf dem des Films und dem der Bildung – mit zwei Neuigkeiten:
Twin Peaks wird, nach 25 Jahren, fortgesetzt. Die Dreharbeiten sind in vollem Gang. Angekündigt sind die ersten Folgen für 2017.
Und sein wohlreflektiertes, kurzweilig zu lesendes, viel Einblick in sein Denken und Arbeiten bietendes Buch Catching the Big Fish erschien nun endlich auch auf Deutsch (Alexander Verlag, Berlin).
Der »große Fisch«, den Lynch zu angeln empfiehlt, sind nicht nur die Ideen, die unser Bewusstsein uns in einem Strom von Gedanken und Bildern tagtäglich schenkt und denen es jeweils treu zu bleiben gilt. Der »große Fisch« ist vor allem Bewusstsein selbst: jenes unbegrenzte Reservoir an Intelligenz und Schöpferkraft, das tief in jedem Menschen wohnt und das es zu erschließen gilt. Denn auch es ist nichts anderes als ein – Geschenk.
David Lynch (Quelle: Alexander Verlag)
Vor Fehlern scheut Lynch nicht zurück. »Wer experimentiert, begeht viele Fehler«, gab er dem Musikexpress zu Protokoll. »Du musst aber diese Experimente und damit auch diese Fehler machen, um etwas Neues zu entdecken. Das ist Teil des Prozesses. Es gibt viele sehr peinliche Dinge, große Fehler, aber das gehört immer dazu, wenn man ein unentdecktes Territorium betreten will. Und das ist doch eigentlich die schönste Landschaft – die unentdeckte.«
Und wann will Lynch ankommen? »Ich hoffe eigentlich, dass ich niemals die allumfassende Antwort erhalten werde, es sei denn, sie geht einher mit einem gewaltigen Schuss an Glückseligkeit. Ich mag den Prozess, in ein Geheimnis einzudringen.« (RollingStone)
Meditation, so David Lynch im gleichen Interview, erleichtere auf jeden Fall »den Flow der Kreativität und den Flow des Glücklichseins, den freien Flow von Intelligenz, Energie, Liebe, all dieser Dinge«.
In diesem Sinne wünschen wir dem Jubilar weiterhin – ungehinderten Flow!