In einer weiteren Fortsetzung seiner Podcast-Reihe mit dem Titel „Ein grenzenloser Ozean des Bewusstseins“ spricht Dr. Tony Nader, Leiter der weltweiten TM-Organisation, mit Dr. Anil Seth, Professor für Cognitive & Computational Neuroscience (Informatics) an der University of Sussex.
Von Kindesbeinen an beschäftigt sich Dr. Seth mit den grundlegenden menschlichen Fragen wie: Wer bin ich? Warum wurde ich geboren? Was passiert, wenn ich sterbe? Warum bin ich hier? Auf diese Fragen versucht er nun mit wissenschaftlicher Methodik eigene Antworten zu finden. Anil Seths „Sunday Times“-Bestseller „Being You: A new Science of Consciousnes“, also „seine neue Wissenschaft des Bewusstseins“, wurde auch als Buch des Jahres von weiteren Printmedien ausgezeichnet. Seine ihn schon so lange bewegenden Fragen brachte er mit seiner beruflichen Laufbahn in Einklang und sucht nun in den Neurowissenschaften Antworten darauf.
Bewusstsein ist alles, was es gibt
Seine Aussage „Bewusstsein ist alles, was es gibt“ ist jedoch anders auszulegen, als dieselbe Aussage, die Dr. Tony Nader unter anderem in seinem neuen Buch „One unbounded Ocean of Consciousness“ propagiert. Nader beschreibt den aktuellen Stand der Bewusstseinsforschung als in zwei Lager gespalten. Er spricht von einem materialistischen Ansatz, den er lieber als physikalischen Ansatz beschreibt, und von einem idealistischen Ansatz. Der erste Ansatz geht vom physischen Aspekt des Bewusstseins aus, aus dem dann irgendwann und irgendwie Bewusstsein hervorkommt. Demgegenüber steht der von Dr. Nader als idealistisch bezeichnete Ansatz, in welchem Bewusstsein primär ist. Er hat ihn als folgende These formuliert: „Bewusstsein ist alles, was es gibt.“ Dr. Seth seinerseits betrachtet sich nicht so sehr als Materialist, sondern eher als einen pragmatischen Realisten, der die Existenz von Bewusstsein mit unserer tagtäglichen praktischen Erfahrung rechtfertigt – denn unsere Erfahrungen seien real.
Bewusstsein als Erfahrungsmoment
Wenn man von der materialistischen Sichtweise ausgeht, geht man sozusagen von der Außenwelt, der physischen Welt aus. Diese fängt laut Dr. Nader im Quantenfeld an, in der Realität des einheitlichen Feldes. Nimmt man die idealistische Sichtweise ein, startet man beim Bewusstsein, das nicht-physisch ist. Dann muss man jedoch erklären, wie die Objekte, die wir sehen, entstehen. Man bewegt sich also von der geringsten Ebene oder Ausdrucksform des Bewusstseins bis zu den höchsten Ebenen des Bewusstseins.
Seth ist der Meinung, man müsse nicht durch alle Ebenen gehen, um gewisse Phänomene zu erklären. So würde sich zum Beispiel auf der Ebene der Biologie einiges erklären lassen, ohne dass man dafür auf die fundamentalste Ebene zurückgreifen müsse. Die neuronale Ebene der Erklärung ist jedoch nicht unbedingt befriedigend. Wesentlich ist demnach die Antwort auf die Frage, ob die Erklärung zweckdienlich ist. Für Dr. Nader ist die Dekonstruktion des Objekts interessant, und zwar vom idealistischen Standpunkt aus gesehen, denn dabei dringe man bis zum Kern der Realität des Objekts vor. Solange man nämlich da nicht angekommen sei, gäbe es immer noch Fragen über die wahre Natur von dem, was wahrgenommen wird.
Für Seth besteht auf jeder Ebene die berechtigte Frage: Ist diese Erklärung nützlich?
Dr. Nader ist der Ansicht, dass der Aspekt der Nützlichkeit nicht reicht, letztendlich möchten wir die Wahrheit kennen. Wenn wir das Primat des Bewusstseins anerkennen, würden wir die Dinge anders tun, weil wir erkennen, dass wir im Grunde alle eins sind. Dann würden wir dank Bewusstseinstechnologien auch Lösungen finden, welche sich Anhänger des Materialismus schwer vorstellen können.
Zwischen Bewusstsein und dem Bewusstsein des Selbst spielt der Vorgang der Wahrnehmung eine wesentliche Rolle. Diese ist ein Konstrukt, folglich eine Illusion, die erschaffen wird. Genauso ist auch das individuelle Selbst eine Illusion, die sich aus unterschiedlichen Teilaspekten zusammensetzt. Von einer umfassenderen Perspektive aus betrachtet, sei letztendlich alles mein Selbst, behauptet Dr. Nader. Die beiden Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass man mit denselben Feststellungen zu unterschiedlichen Schlüssen kommen kann. Für Dr. Nader heißt dieser Schluss, dass alles eins ist und dass Bewusstsein also mit sich selbst interagiert. Somit gehört alles zu uns selbst; laut Maharishi Mahesh Yogi ist dies die höchste Form von Bewusstsein: Einheitsbewusstsein. Dr. Seth findet diesen metaphysischen Standpunkt faszinierend und beschließt, das Buch von Dr. Nader unter diesem Aspekt zu lesen.
Inzwischen gibt es eine neue Folge des Podcasts: Tony Nader spricht mit Dr. Philip Goff.