Ein weitverbreitetes Missverständnis ist, die verschiedenen Arten und Techniken des Meditierens würden mehr oder weniger gleich wirken. Eine Verallgemeinerung, die den Tatsachen nicht gerecht wird. Die mentalen Verfahren, die von den verschiedenen Traditionen und Schulen des Meditierens eingesetzt werden, unterscheiden sich erheblich – und wirken auch sehr unterschiedlich.
Die Forschung bestätigt das: Unterschiedliche Meditationsverfahren aktivieren unterschiedliche Bereiche unseres Gehirns.
Drei wesentliche Typen »meditativer Gehirnwellenmuster«
Es ist allgemein bekannt: Gewichtheben, Tennis und Pilates stärken bestimmte Muskeln, wirken insgesamt aber sehr unterschiedlich auf den Körper ein. Gleiches gilt für Meditationstechniken: Die Konzentration auf eine Kerze, auf den Atem, das Wiederholen von Mantren oder der Versuch, unvoreingenommen die Vorgänge im eigenen Geist zu beobachten – all das erzeugt unterschiedliche Veränderungen im Gehirn, in unterschiedlichen Gehirnarealen.
Aber wie wählt man aus der Vielzahl der verschiedenen Techniken diejenige aus, die am besten zu einem passt?
Ein Ansatz wäre, den Erkenntnissen der Neurowissenschaften zu folgen und drei Meditationskategorien auf Grundlage der von ihnen erzeugten Gehirnwellen zu unterscheiden. Nachfolgend die drei Kategorien.
1. Konzentration als Meditation: Fokussierte Aufmerksamkeit
„Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf ein Objekt der Wahl“ (Lutz)
Frequenz: Gamma >30 Hz
Meditationen: Zen, Qigong, Vipassana, Mitgefühl (Metta)
Die Forschung hat herausgefunden, dass Meditationen, bei denen die Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand, ein Wort oder ein gedankliches Konzept gerichtet wird, im EEG (Elektroenzephalografie: Methode zur Messung der elektrische Aktivität des Gehirns) die Aktivität der Beta- und Gamma-Wellen sich erhöht.
Das sind vergleichsweise schnelle Gehirnwellenmuster, die immer auf einen aktiven und sehr aufmerksamen Bewusstseinszustand hinweisen.
Eine Studie untersuchte eine tibetanisch-buddhistische Meditationstechnik, bei der die Aufmerksamkeit auf »liebevolles, freundliches Mitgefühl« gegenüber anderen Lebewesen gerichtet wird. In den Gehirnbereichen, die für die Verarbeitung von Sinnesreizen, Emotionen und der Aufmerksamkeit zuständig sind, zeigte sich stark erhöhte Aktivität.
2. Beobachten des Geistes als Meditation: Offenes Gewahrsein
Etliche Praktiken – beispielsweise Achtsamkeitstechniken, aber auch bestimmte Formen der Zen-Meditation – beinhalten keine Konzentration. Stattdessen setzen diese Techniken auf »offenes Gewahrsein« des Erlebten. Die Übenden beobachten einfach nur die eigenen Erfahrungen, ohne sie zu bewerten. Keine Manipulation – einfach nur aufmerksame, reine Präsenz.
EEG-Untersuchungen zeigen, dass diese Art kontemplativer Meditation eher langsame Theta-Wellen verstärken – die wiederum ein Hinweis auf einen entspannten Geisteszustand sind.
„Unvoreingenommenes Beobachten von Erfahrungsinhalten“ (Lutz)
Frequenz: Theta 4–8 Hz
Meditationen: Achtsamkeit, Kriya Yoga
3. Transzendieren als Meditation: Automatische Selbst-Transzendenz
„Die meditativen Schritte werden transzendiert“ (Travis/Shear)
Frequenz: Alpha-1 8–10 Hz
Meditationen: TM, Fallstudie Qigong-Meister (45 Jahre Praxis)
Folgt man der Forschung, ist die Praxis der Transzendentalen Meditation nach Maharishi Mahesh Yogi in vielerlei Hinsicht einzigartig.
Das ist der Grund, warum die Forschung für diese Art der Meditation eine eigene Kategorie erstellt hat: das »automatische Selbst-Transzendieren«. Gemeint ist damit: Der mentale Vorgang des Meditierens löst sich schrittweise auf und mündet ein in einen Zustand purer Wachheit ohne Meditationsgegenstand. Subjektiv empfindet der Meditierende diese Erfahrung als »Unbegrenztheit«.
Die Thalamus-Aktivität nimmt ab. Dieser Gehirnbereich ist verantwortlich für die Verarbeitung von Sinnesreizen. Auf der anderen Seite werden die Gehirnzonen, die man mit komplexen Entscheidungsprozessen und mit moralischem Empfinden verbindet, deutlich aktiver. Das EEG zeigt, dass auch die Alpha-Aktivität zunimmt, was wiederum auf Entspannung und Ruhe hinweist.
Außerdem zeigt sich dabei eine übergreifende Kohärenz der Gehirnwellen, man könnte sagen: eine Art Gleichklang sämtlicher Gehirnwellen, die sich über das gesamte Gehirn ausdehnt. Bei langjährigen TM-Meditierenden zeigt sich diese Kohärenz sogar auch außerhalb der Meditation: ein Merkmal ihres entwickelten Gehirns.
Ausgeprägtere Kohärenz der Gehirnwellen
Je kohärenter das Gehirn ist, desto besser können die einzelnen Bereiche zusammenarbeiten. Besonders deutlich tritt diese Kohärenz bei den Alpha-Wellen hervor, die im Frontallappen (»präfrontaler Cortex«), hinter der Stirn auftauchen. Dies ist übrigens ein weitverbreitetes Phänomen bei Menschen, die über Spitzenleistungen in ihrem Berufsleben oder im Sport berichten.
Die Forschung interpretiert das bislang als ein »Zeichen effizienterer und effektiverer Gehirnfunktion«.
Ein weiteres Merkmal Transzendentaler Meditation ist, dass sich die Gehirnwellen von Anfängern und Langzeit-Meditierenden während der Meditation kaum unterscheiden: ein Beleg, dass man diese Technik sehr schnell beherrscht.
Die Meditation sollte aber kein Selbstzweck sein, sondern es geht letztendlich um die Auswirkungen der Meditationspraxis im Alltag. Und die Forschung zeigt, dass bei regelmäßiger Ausübung der TM (zweimal täglich für etwa 15 bis 20 Minuten) die typischen Gehirnwellenmuster auch außerhalb der Meditation – während der Aktivität im Alltag – nicht verloren gehen.
Und das ist das eigentliche Ziel der Meditation: die Integration von geistig-spiritueller Entwicklung mit erfolgreichem, aktivem, der Welt zugewandtem Leben.